SPD-Fraktion fordert tragfähiges Ausstiegsprogramm
Aus Sicht der SPD-Fraktion verfälschen in Zusammenhang mit dem Straßenstrich Vokabeln wie „schöner“ die Situation der zumeist jungen Osteuropäerinnen.
„Die von der Fraktion KAL/Die Partei geforderten Snack- und Kondomautomaten verringern das Leid der Frauen nicht. Mülleimer können lediglich dafür sorgen, dass wir Karlsruher*innen das durch Prostitution verursachte Elend weniger wahrnehmen. Die Situation bleibt damit prekär“, so SPD-Fraktionsvorsitzende Yvette Melchien.
Die Einrichtung einer Art kommunalen Straßenstrichs sieht die SPD-Fraktion als kein gutes Signal. „Städtische Maßnahmen müssen sich gegen und nicht für diese besonders problematische Form der Prostitution richten. Wirklich helfen können hier nur gute kommunale Ausstiegsprogramme, die Betroffenen einen Weg aus der Prostitution ermöglichen. Auch im Sinne der Istanbul Konvention als Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen müssen wir uns als Stadt auf solche Maßnahmen konzentrieren“, so Melchien weiter, die selbst langjährige Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) war.
Aus Sicht der Sozialdemokrat*innen fehlt in Karlsruhe ein tragfähiges Ausstiegskonzept, das die Betroffenen beim Wechsel in eine menschenwürdigere Tätigkeit unterstützt. Auch hier lohnt sich der Blick über den Rhein nach Frankreich, wo Betroffene seit der Einführung des Nordischen Modells 2016 staatlich finanziert längerfristige und vielseitige Unterstützung auf dem Weg aus der Prostitution heraus erhalten.
Die „Fachgruppe Prostituiertenschutzgesetz“ müsse sich umfassender mit Prostitution befassen und tatsächliche Hilfen entwickeln. Eine Möglichkeit bereits im bestehenden gesetzlichen Rahmen Teile des Nordischen Modells auf kommunaler Ebene umzusetzen, sei ein Sexkaufverbot in Sperrgebieten. Anstatt dort von den Prostituierten, die sich ohnehin schon in zumeist sehr prekären Lebenssituationen befinden, auch noch Bußgelder zu verlangen, sollten die Sexkäufer dort rechtlich belangt werden. Dies sollte auch für Karlsruhe geprüft werden.
„Ziel muss sein, den Sex-Kauf zu verbieten“, so auch die neu gewählte Vorsitzende der AsF Karlsruhe, Dr. Brigitte Schmid-Hagenmeyer. „Es ist unsere Aufgabe darauf hinzuwirken, dass auch Deutschland wie bereits mehrere europäische Länder das Nordische Modell einführt, damit die meist männlichen „Kunden“ die Not- und Zwangslagen von häufig sehr armen Frauen aus Südosteuropa und zunehmend auch Afrika nicht weiter legal ausnutzen können.“
„Die SPD in Karlsruhe macht sich daher genauso wie die Landespartei für das Nordische Modell stark. Dies erkennt an, dass Prostitution eine Form von Gewalt darstellt, die sehr häufig körperlich und psychisch schwere Folgen hat. Kaum eine Prostituierte erträgt dies ohne Alkohol, Drogen oder Medikamente. Davon geben nicht nur die Verpackungen verschreibungspflichtiger Medikamente auf dem Karlsruher Straßenstrich ein trauriges Zeugnis, sondern auch wissenschaftliche Studien,“ so Schmid-Hagenmeyer weiter.
„Nur mit einem Sexkaufverbot des Bundes lässt sich die Nachfrage nach Prostitution deutlich verringern und wirksam rechtlich gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel vorgehen. Auch für die Gleichstellung ist dies wichtig. Denn Gesetze schaffen auch Kultur“, so SPD-Fraktionsvorsitzende Melchien und AsF-Vorsitzende Schmid-Hagenmeyer abschließend.